Kurz.ge.schich.te No°26 {spielen}

by - Juni 12, 2019


Liebe BlogleserInnen,
Ich bin in Verzug mit meinen Geschichten. Das haben aufmerksame Leserinnen ja bereits gemerkt. Ich hatte mich zwischenzeitlich ja gefragt, ob die Geschichten überhaupt jemand liest, geschweige denn, ob sie jemanden interessieren. Aber wie ich gestern in einem persönlichen Gespräch erfahren habe, schauen auch anonyme Leserinnen regelmässig vorbei. Darum will ich euch heute in Form einer Geschichte erzählen, WARUM ich in Verzug bin. 



Weniger ist mehr
Seit Jahren füttere ich mein Pinterest Board "Wohnen" mit inspirierenden Bildern zu allen möglichen Räumen. Minimalistisch eingerichtete Wohn- und Schlafzimmer, sowie schön dekorierte Sideboards und Ablagen, haben es mir besonders angetan. Die Sammlung umfasst mittlerweile acht Ordner mit insgesamt 760 Fotos. Ich kann stundenlang in den Einrichtungsfotos anderer Menschen schwelgen und liebe es, unsere eigene Wohnung saisonal zu dekorieren. Manchmal zeige ich ja auch Bilder von meinen Dekorationen auf dem Blog. Und wenn Besuch kommt, ernte ich ab und an  staunende Worte für die Arrangements in unseren Wohnräumen. Dennoch erfüllte mich die Wohnsituation nicht wirklich. Den Grund kannte ich sehr wohl. Die überquellenden Schränke. Sie machten mir keine Freude. Aber der innere Schweinehund fand immer eine Ausrede, etwas daran zu ändern. Ganz schlimm empfand ich das einengende Gefühl jeweils nach den Camping Ferien. Da wir meist mit möglichst wenig Dingen verreisen, war dieses Empfinden von „zuviel", nach jeder Rückkehr umso grösser. Die Menge an Gütern in den Schränken schien mich jedes mal zu erdrücken. Zu viele Kleider, zu viele Spielsachen, zu viele Kosmetikartikel, zu viele Kochgeräte, zu viele Bastelsachen. Einfach von allem zu viel. So ging es über viele Jahre. Wegwerfen aber kam nicht in Frage. Denn Abfall produzieren entspricht so gar nicht meinem Naturell von einem umweltbewussten Leben. Ein richtiges Dilemma also.
Letzten Winter stolperte ich irgendwo über den Namen Marie Kondo. Eine Japanerin, die ein bahnbrechendes Buch über glückliches Entrümpeln geschrieben haben soll. Ich entdeckte ein paar anregende Bilder auf Instagram und Pinterest, vergass die Japanerin in der Hitze des Alltags aber wieder und zeigte dem Chaos in den Schränken weiterhin die kalte Schulter.
Diesen Frühling weckte der Name Marie Kondo erneut meine Aufmerksamkeit. Ich googelte im Netz und fand einige Informationen über die zierliche Asiatin, die mit ihrer Entrümpelungstaktik rund um den Globus Menschen zu begeistern schien. Unter anderem fand ich ein Buch mit der Überschrift "Magic Cleaning". Da das Buch und die entsprechenden Rezensionen nachhaltige Ordnung und Glück versprachen, schienen mir die zwanzig Franken gut investiert. Letzte Woche fing ich gespannt an zu lesen und war schon nach wenigen Seiten motiviert, meinen überflüssigen Dingen endlich den Garaus zu machen. Am Pfingstsamstag nahm ich als erstes meinen Kleiderschrank in Angriff. Dieser diente die letzten Jahre nicht nur zur Aufbewahrung meiner Garderobe, sondern auch als Stofflager. Erstmal wurden alle Dinge aus dem Schrank aufs Bett geräumt. Im Anschluss sortiere ich grosszügig aus. Fortan sollten nur noch Lieblingskleider den Weg in den Schrank finden. Dinge, die ein Glücksgefühl hervorrufen, so rät es die Kondomethode. Dazu dürfen also auch Sachen gehören, die man nicht mehr oder nie anzieht. Auf den ersten Blick eher unlogisch für mich. Ich entschied allerdings, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. So fanden zwei Negligés prominent auf einem Bügel Platz, befreit von ihrem zerknitterten Dasein in einer Schublade. Auch ein roter BH, den ich nie anziehe, fand fein säuberlich Platz mit seinesgleichen in einer schönen Schachtel. Ausgedientes legte ich entweder in die Altkleidersammlung oder auf einen Stapel zum Verkaufen. Ich staunte, wie spielend mir das Entrümpeln von der Hand ging. Als das Werk vollbracht war, stand ich staunend vor dem frisch eingeräumten Kleiderschrank. Ich streichelte glücklich über all meine Lieblingssachen. Mein Mann machte sich beim Anblick gar Sorgen, ob ich noch genug Sachen zum Anziehen habe. Ja, habe ich. Ich habe alles durchgezählt. Auch wenn das Innenleben des Schrankes jetzt luftig und leicht aussieht, würden die Kleider mindestens für zwei Wochen reichen, wenn ich nie waschen würde. Mehr brauche ich definitiv nicht.
Nach dem Schrank folgten die Küchenschubladen und in den Tagen darauf der Putz-, Badezimmer und Kühlschrank. Und ich bin weiterhin motiviert, mich von ausgedienten Dingen zu befreien. Eine Kiste mit Küchenutensilien, Frottée- und Tischwäsche brachte ich bereits ins Brockenhaus. Denn im Gegensatz zu Marie Kondo, will ich auf keinen Fall einfach alles wegwerfen, sondern den Sachen eine neue Bestimmung schenken. Um in den Schränken eine übersichtliche Ordnung zu halten, habe ich gestern beim Schweden ein paar Boxen besorgt. Dort traf ich per Zufall auf bekannte Blogleserinnen aus dem Dorf, die sich bereits wunderten, wo denn die Kurzgeschichte dieser Woche bleibt. Motivation genug, zwischen dem Aufräumwahn ein paar Zeilen für euch zu schreiben. ;-) Mit spielen hat die Geschichte nicht viel zu tun, aber wenn aufräumen so viel Freude bereitet, fühlt es sich an wie spielen. Hantieren mit Lieblingsdingen, plantschen in Glücksgefühlen und flirten mit der neuen Ordnung.

* * * * *

Danke fürs Mitlesen. :-) Wer mehr über die japanische Aufräumexpertin erfahren möchte, findet hier einen kurzen Einblick. Ich werde mich derweil weiter meinen Schränken widmen. Wenn ihr Lust habt, zeige ich euch zu einem späteren Zeitpunkt ein paar Vor- und Nachher Fotos. Mögt ihr sie sehen?

Liebe Grüsse Paula

*Unbezahlte Werbung, da Namensnennung und Verlinkung.

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1 Liebe Worte

  1. Liebe Paula,
    von Frau Kondo hab ich schon viel gehört und gesehen in den Medien,mich aber noch nicht mehr damit befasst.
    Ausmisten tut richtig gut und ab und an überkommt es mich auch.
    Gerade im Kleiderschrank vom Sohn geht es momentan drunter und drüber...
    Da hab ich oft schon was an Andere weitergegeben oder verkauft übers Internet.
    Von einigen meiner Klamotten muss ich mich auch unbedingt mal trennen.
    Danke für deinen Anreiz!
    Ganz liebe Mittwochsgrüße von
    Kristin

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Herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.