Kurz.ge.schich.te No°40 {Gestirne}
Vor kurzem habe ich euch von meinem Buchprojekt erzählt. Von all den Episoden und Gedanken aus dem Lockdown, die ich geschrieben habe. Neulich Abend, nach dem der Bundesrat die verschärften Massnahmen bekanntgab, habe ich in meinen Geschichten geblättert und ein paar davon gelesen. Erst habe ich gedacht, dass wir bald wieder in der Situation des Lockdowns sind. Aber beim Lesen der Zeilen wurde mir bewusst, wie sehr sich die Situation seit dem Frühjahr verändert hat. Die meisten Situationen sind für uns nicht mehr neu. Heisst nicht, dass sie jetzt einfacher sind, aber sie haben, zumindest für mich, an Bedrohlichkeit verloren, weil wir etwas ähnliches schon erlebt haben. Die Angst und die Unsicherheit ist in Müdigkeit übergeschwappt. Alle haben langsam genug von Abstand halten und einschränkenden Massnahmen. Dennoch müssen wir vermutlich noch eine Weile damit leben. In unserem Umfeld gab es die letzten Wochen ziemlich viele Menschen, welche an Covid erkrankt sind. Auch solche, die eigentlich im höchsten Grade zu den Risikopatienten gehören. Dennoch hatten die meisten von ihnen einen milden oder nicht lebensbedrohlichen Verlauf. Ich gebe zu, da ist auch bei mir wieder die Frage aufgetaucht, ob die einschneidenden Massnahmen wirklich nötig sind. Ob es nötig ist, die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzten. Ihre Seelen an Einsamkeit leiden zu lassen. Dabei möchte ich so gerne, dass die Menschen hoffnungsvoll bleiben, trotz allem. Ich habe da die ein an und andere Idee, die ich die nächsten Wochen mit euch teilen möchte. Ideen, wie man zum Beispiel alleinstehenden Menschen eine Freude bereiten könnte. Aber heute teile ich eine Geschichte aus meinem Buchprojekt mit euch. Der Dialog ist aus Gedankensprüngen entstanden, zu der Zeit, als die verrücktesten Theorien die Runde machten, auf welchem Weg das Virus zu uns gekommen ist. Gute Unterhaltung beim Lesen.
Gestirne
21. April 2020
Der Himmel leuchtete
wolkenlos über dem Firmament. Der Mond blickte zur Erde und stellte
erstaunt fest, wie relaxed diese aussah. Er erkundigte sich, warum sie so
unbeschwert sei.
«Ich entspanne mich»,
gab die Erde lächelnd zur Antwort.
«Du entspannst dich?
Warum?»
«Weil die Menschen
wie zahme Katzen zu Hause sitzen und mich für eine Weile ruhen lassen.»
«Warum denn?», wollte
der Mond wissen.
«Ich habe ihnen ein
unsichtbares Virus geschickt. Sie werden eine Weile damit beschäftigt sein, es
aufzuspüren und einzudämmen. Schau, sie haben alles dicht gemacht. Sie haben
Angst daran zu sterben, aber sie haben keine Angst an ihren vergifteten
Lebensmitteln zu sterben!»
«Wie meinst du das?»
«Ich habe ihnen alles
gegeben, was sie zum Leben brauchen. Fruchtbare Böden, saubere Luft, sauberes
Wasser und eine fantastische Tier- und Pflanzenwelt. Aber in den letzten
Jahrzehnten wurden die Menschen immer gieriger. Sie erstrebten immer mehr. Sie
vergifteten meine Felder, um höhere Erträge zu erzielen. Sie werfen tonnenweise
Lebensmittel weg, die nicht ihrer Norm entsprechen. Sie vermüllen meine Meere
mit Plastik. Sie transportieren ihre Güter quer über den Globus, zu Lasten von
Mensch und Umwelt. Sie jetten rund um meine Kugel oder tuckern mit
Dreckschleudern, so gross wie Wohnblöcke, über meine Ozeane. Sie wollen immer
mehr, immer weiter und immer schneller.»
Die Erde erzählte
eine Weile von ihrem Kummer und ihrem pulsierenden Herz. Sie schilderte ihre
Ängste, aber auch ihre Hoffnungen. Sie erzählte von ihren Visionen, dass die
Menschen wieder acht geben, auf sich, die Natur und ihre Mitmenschen. Sie
erzählte von ihren Träumen einer nachhaltigen Lebensweise, die regional
ausgerichtet ist. Der Hoffnung, dass die Menschen wieder Sorge tragen zu ihrem
Erbgut.
«Und wenn sie es
nicht auf die Reihe kriegen?», fragte der Mond.
«Dann weiss ich
nicht, wie lange mein geschändetes Herz noch schlägt. Meine Wunden sind gross.
Wenn die Menschen ihnen noch mehr Leid zufügen, mich weiter zupflastern,
vergiften, abbrennen und ausbeuten, wird meine Kraft weiter schwinden. Sie
haben meine Regenerationsfähigkeit, welche mich über Jahrmillionen am Leben
erhalten hat, empfindlich gestört.»
«Und warum sehen oder
merken die Menschen deine Not nicht?», fragte der Mond.
«Der Wohlstand hat
sie blind gemacht. Blind, taub und gierig. Was ihnen überdrüssig ist, entsorgen
sie und kaufen sich neue Güter. Sie haben vergessen, mit sich und der Natur
zufrieden zu sein.»
«Aber wenn sie dich
zerstören, zerstören sie doch auch sich selbst?», meinte der Mond traurig.
«Ja. Aber das haben
sie nicht begriffen. Ich werde sie überleben. Aber meine Wunden werden sich
über ihre legen und sie unter ihrer Gier ersticken.»
«Wie denn?»
«Stürme, Feuer,
Wasser und Felsen werden sie begraben.»
Der Mond schaute die Erde traurig an und meinte aufmunternd: «Ich werde immer an deiner Seite sein. Egal was passiert.»
* * * * *
Herzliche Grüsse Paula
Einer der mich mit seinen Gedankensprüngen und seinem Humor immer wieder zum Lachen bringt in dieser verrückten Zeit, ist Tom Gisler von Radio SRF mit seinen Gizzle Shizzle Beiträgen. Selbst in der grössten Verzweiflung hat er es immer wieder geschafft, mich aufzuheitern. Leider nur in Schweizerdeutsch.
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Herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.