KURZ.GE.SCHICH.TE NO°43 {Hoher Besuch}
Hoher Besuch
Wir waren aufgeregt. Mutter aus Wut und Trauer, ich vor Ehrfurcht. Der Herr Pfarrer höchst persönlich hatte sich für einen Besuch angemeldet. Die Herbstsonne warf warme Schatten ins Wohnzimmer und tauchte die Vitrine mit dem Sonntags-Geschirr in goldenes Licht. Die fleissigen Liesel vor den Fenstern waren längst verblüht. Die Blumen der Grabkränze auf dem Friedhof standen noch in voller Pracht. „Warum kommt der Pfarrer ins Haus?“, fragte ich meine Mutter neugierig. „Keine Ahnung. Nützt ja eh nichts mehr.“ Die müden Augen meiner Mutter wanderten rastlos durchs Wohnzimmer, sie schob einen Stapel Trauerkarten beiseite und strich das Tischtuch glatt, als ein dumpfes Klopfen ertönte. Meine Mutter ging in den Flur zur Haustür und öffnete sie. Der Pfarrer reichte die Hand zum Gruss. Aus seinen Augen sprachen Wärme und Anteilnahme. Meine Mutter hielt ihren Kopf leicht gesenkt. Ihr Gruss fiel knapp aus, fast so kalt wie das Wasser aus dem Bergbach.
An das spätere Gespräch zwischen meiner Mutter und dem Geistlichen kann ich mich nicht erinnern. Aber an das Bild, wie er in seinem wallenden Gewand an unserem Wohnzimmertisch gesessen hat. Die Ärmel seiner schwarzen Robe breiteten sich wellenartig auf dem hellen Tischtuch aus, die Hände hatte er ineinander gefaltet. Wie ein Heiliger, schoss es mir durch den Kopf.
Ich war damals zwölf Jahre alt, eine fleissige Kirchgängerin und Ministrantin. Aber das war vor dem tragischen Schicksalsschlag, welcher über unsere junge Familie gebrochen war. Gestorben war er trotzdem. Genützt hatte das Beten und Hoffen nichts.
In den Monaten darauf verlor ich nicht nur meine Kindheit, sondern auch meinen
Glauben. Denn was kann das für ein Gott sein, der einem trotz aller Fürbitten
das Liebste entreisst? So einen Gott kann es doch gar nicht geben.
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Ob mein Buchprojekt später mit dieser Episode beginnt und wie ich die einzelnen Szenen umschreiben werde, weiss ich noch nicht genau. Denn ehrlicherweise kann ich mich nur Facettenhaft an den Besuch des Pfarrers erinnern. Die Stimmung meiner Mutter ist noch fühlbar, auch die Erinnerung an diese Vitrine und die Sonne, die ins Wohnzimmer schien. Aber der Rest... improvisiert. Bezüglich autobiographisches Schreiben habe verschiedene spannende Beiträge im Netz gefunden. Über das Erinnern zum Beispiel, oder über das Übertreiben und Erfinden in biographischen Texten.
Falls dich das Schreiben, im Speziellen das Thema Buch schreiben interessiert, verfasse ich gerne einen Beitrag mit Links zu Seiten, Büchern und Profilen, die mich auf meinem bisherigen Weg unterstützt haben.
Liebe Grüsse Paula
3 Liebe Worte
Liebe Paula, wow! Wow, dass du dich an dein neues Buchprojekt machst! Wow dafür, wie gut du schon vorbereitet bist! Wow für diesen Einstieg! Er macht neugierig auf mehr.
AntwortenLöschenAuch wenn das bei mir wohl nie in Richtung 'Buchschreiben' gehen wird, bin ich natürlich auch auf deine Inspirationsquellen neugierig. Benedikt Wells kenne ich bisher nicht, aber ich schaue mir gleich mal seine Bücher an. Danke dir für den Tipp!
Herzliche Grüsse, Monika
So ein wunderbares Vorhaben! Ereignisse nieder zu schreiben ist nicht immer einfach. Es ist unglaublich spannend, welche Eindrücke uns in Erinnerung bleiben. Meistens sind es nicht die Gespräche oder die ganze Geschichte, sondern Stimmungen und Details, die du so schön beschrieben hast. Ich wünsche dir alles Gute und bin gespannt!
AntwortenLöschenHeitere Grüsse Britta
Ein vielversprechender Anfang! Viel Spass beim weiterschreiben!
AntwortenLöschenHerzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.