KURZ.GE.SCHICH.TE NO°43 {Hoher Besuch}

by - April 13, 2021

Es ist lange her, seit ich eine Kurzgeschichte veröffentlicht habe auf dem Blog. Überhaupt ist das Schreiben durch all meine gesundheitlichen und emotionalen Strapazen dieses Jahr zu kurz gekommen. Selbst in meinem Tagebuch habe ich nur Stichworte und Wortfetzten hinterlassen. Dabei hatte ich Anfangs Jahr voll Motivation ein Herzensprojekt in Angriff genommen und es kurze Zeit später wieder ad acta gelegt. Aber JETZT starte ich nochmals von vorn. Mit einem Buch über meine Lebens-Erinnerungen. Für mich und meine Kinder. Die Idee dafür spuckt schon lange in meinem Kopf herum. Notizen und Texte dazu habe ich schon vor Jahren angefangen zu sammeln. Denn was gäbe ich dafür, wenn es so ein Buch von meinen Eltern oder Grosseltern gäbe. 

Ich habe lange überlegt, wie ich das Buch aufbauen könnte, damit meine Kinder später Lust haben es zu lesen. Und ich brütete darüber, ob das Buch und die Texte irgendeine Botschaft, eine Essenz enthalten sollen. Das Buch soll nicht nur eine Aneinanderreihung von Erlebnissen sein, die sich ohne roten Faden durch die Seiten ziehen, sondern ein Gefühl dafür vermitteln, wie ich mein Glück, trotz aller Widrigkeiten, immer wieder gefunden habe. 

Den Anstoss, auf Träume Taten folgen zu lassen, gab mir ein Autor, den ich im März entdeckt habe. Benedict Wells. Seine Bücher und sein Schreibstil sprechen mir aus der Seele. Plötzlich wusste ich, JETZT ist der Zeitpunkt, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. 

Die ersten Zeilen sind entstanden. Dieser Einstieg ist nicht in Stein gemeisselt, aber ein Anfang.. Lest doch selbst ...



Hoher Besuch

Wir waren aufgeregt. Mutter aus Wut und Trauer, ich vor Ehrfurcht. Der Herr Pfarrer höchst persönlich hatte sich für einen Besuch angemeldet. Die Herbstsonne warf warme Schatten ins Wohnzimmer und tauchte die Vitrine mit dem Sonntags-Geschirr in goldenes Licht. Die fleissigen Liesel vor den Fenstern waren längst verblüht. Die Blumen der Grabkränze auf dem Friedhof standen noch in voller Pracht. „Warum kommt der Pfarrer ins Haus?“, fragte ich meine Mutter neugierig. „Keine Ahnung. Nützt ja eh nichts mehr.“ Die müden Augen meiner Mutter wanderten rastlos durchs Wohnzimmer, sie schob einen Stapel Trauerkarten beiseite und strich das Tischtuch glatt, als ein dumpfes Klopfen ertönte. Meine Mutter ging in den Flur zur Haustür und öffnete sie. Der Pfarrer reichte die Hand zum Gruss. Aus seinen Augen sprachen Wärme und Anteilnahme. Meine Mutter hielt ihren Kopf leicht gesenkt. Ihr Gruss fiel knapp aus, fast so kalt wie das Wasser aus dem Bergbach.

An das spätere Gespräch zwischen meiner Mutter und dem Geistlichen kann ich mich nicht erinnern. Aber an das Bild, wie er in seinem wallenden Gewand an unserem Wohnzimmertisch gesessen hat. Die Ärmel seiner schwarzen Robe breiteten sich wellenartig auf dem hellen Tischtuch aus, die Hände hatte er ineinander gefaltet. Wie ein Heiliger, schoss es mir durch den Kopf.

Ich war damals zwölf Jahre alt, eine fleissige Kirchgängerin und Ministrantin. Aber das war vor dem tragischen Schicksalsschlag, welcher über unsere junge Familie gebrochen war. Gestorben war er trotzdem. Genützt hatte das Beten und Hoffen nichts.

In den Monaten darauf verlor ich nicht nur meine Kindheit, sondern auch meinen Glauben. Denn was kann das für ein Gott sein, der einem trotz aller Fürbitten das Liebste entreisst? So einen Gott kann es doch gar nicht geben. 

* * * * * *

Ob mein Buchprojekt später mit dieser Episode beginnt und wie ich die einzelnen Szenen umschreiben werde, weiss ich noch nicht genau. Denn ehrlicherweise kann ich mich nur Facettenhaft an den Besuch des Pfarrers erinnern. Die Stimmung meiner Mutter ist noch fühlbar, auch die Erinnerung an diese Vitrine und die Sonne, die ins Wohnzimmer schien. Aber der Rest... improvisiert. Bezüglich autobiographisches Schreiben habe verschiedene spannende Beiträge im Netz gefunden. Über das Erinnern zum Beispiel, oder über das Übertreiben und Erfinden in biographischen Texten.

Falls dich das Schreiben, im Speziellen das Thema Buch schreiben interessiert, verfasse ich gerne einen Beitrag mit Links zu Seiten, Büchern und Profilen, die mich auf meinem bisherigen Weg unterstützt haben. 

Liebe Grüsse Paula

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3 Liebe Worte

  1. Liebe Paula, wow! Wow, dass du dich an dein neues Buchprojekt machst! Wow dafür, wie gut du schon vorbereitet bist! Wow für diesen Einstieg! Er macht neugierig auf mehr.
    Auch wenn das bei mir wohl nie in Richtung 'Buchschreiben' gehen wird, bin ich natürlich auch auf deine Inspirationsquellen neugierig. Benedikt Wells kenne ich bisher nicht, aber ich schaue mir gleich mal seine Bücher an. Danke dir für den Tipp!
    Herzliche Grüsse, Monika

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  2. So ein wunderbares Vorhaben! Ereignisse nieder zu schreiben ist nicht immer einfach. Es ist unglaublich spannend, welche Eindrücke uns in Erinnerung bleiben. Meistens sind es nicht die Gespräche oder die ganze Geschichte, sondern Stimmungen und Details, die du so schön beschrieben hast. Ich wünsche dir alles Gute und bin gespannt!
    Heitere Grüsse Britta

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  3. Ein vielversprechender Anfang! Viel Spass beim weiterschreiben!

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Herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.