3:3 WORT-SALAT NO 2 {Umstyling}

by - Januar 18, 2022

Tja, was soll ich sagen. Die Figuren in meinem Wortsalat haben sich bei der Renovations-Geschichte verselbständigt. Plötzlich wurde die Ehefrau zur Mutter. Kurz vor Schluss. Und in meinem Kopf zogen die Gedanken grössere Kreise. :-) Darum hier die Fortsetzung ...



Umstyling

Das Fenster stand offen. Kühle Luft strömte herein. Das Metall der Stühle glänzte im Sonnenlicht und Staubpartikel tanzten im Schein der hereinfallenden Strahlen. Sabine bekam von diesem Schauspiel nichts mit. Sie betrachtete die Namen in ihrem Auftragsbuch. Bald würde die letzte Kundin auftauchen. Caro. Waschen, schneiden, trocknen. Untermalt von Anekdoten um Timo, Lya und Nora. Um acht Uhr Morgens kam Tina. Ausgeschmückt mit Flirts, Frustrationen und Fragen zum Dorfgeschehen. 9.00 Uhr, Erika. Tratsch und Klatsch aus dem Seniorenheim. "Aber gäll, das bleibt unter uns?", hatte sie zum Abschluss gemeint. 10.00 Uhr, Frau Vogel. Detailgetreue Angaben zu den Geschehnissen an der Erlenstrasse. Mutmassungen und Vorahnungen. "Das glaubst du jetzt nicht...", hatte sie immer wieder verschwörerisch geflüstert. 11.00 Uhr, Herr Waldmeister. Waschen, schneiden. Viel war ihm nicht zu entlocken. Sabine mochte seine ruhige Art. Eine mentale Pause zwischen den ausführlichen Berichten all der anderen Kunden und Kundinnen. 13.30 Uhr, Frau Etter. Neugierig, gespielt verschwiegen, aber offen wie ein Buch mit ungelesenen Seiten. "Haben Sie das auch gehört?" - Die Sätze der Kundinnen tanzten wild durch Sabines Kopf. Manchmal amüsiert, manchmal vollgedröhnt von Sorgen, Gerüchten und Fragen, die sie löcherten wie ein Sieb oder zustopften wie Watte. 
15.00 Uhr, Marianne. Komplettes Umstyling. Was war nur in die Frau gefahren? Die sonst so zurückhaltende Seniorin war kaum widerzuerkennen. Sie plapperte wie eine verliebte Mittzwanzigerin. Erzählte und schwärmte vom Leben, als hätte sie noch alle Zeit der Welt für ihre Abenteuer. Dabei musste sie weit über siebzig sein. Johannes hatte doch erwähnt, er werde bald fünfzig? Der Sinneswandel von Marianne liess sie nicht mehr los. Beim letzten Mal hatte sie sich noch leidvoll über den Umbau des Hauses beklagt. Und jetzt, zwei Monate später, war sie wie ausgewechselt. Vielleicht tat ihr der Tapetenwechsel doch gut....?  Na egal. Für heute stand nur noch Caro auf dem Plan. Dann war Schluss für diese Woche. Sabine dachte ans Wochenende. Wellness im Appenzell, wohltuende Massagen, bunte Zeitschriften und ....

Ding-dong.

Sabine klappte das Auftragsbuch zu und schloss das Fenster, als Caro bereits zur Tür hereingeeilt kam. "Caro! Wie geht's dir?"
"Oh Sabine, du glaubst nicht wie ich mich gefreut habe zu dir zu kommen. Schau mich an! Sogar Nora, unser Nesthäkchen meinte <Mama, du könntest dich wieder einmal etwas schöner machen>." Caro setzte sich auf den Frisierstuhl und plapperte ohne Unterlass weiter, während Sabine ihr den Umhang befestigte und die Haare wusch. "Ach herje, das war wieder eine Woche! Timo hat jetzt eine Zahnspange. Der arme Kerl. Die ersten Tage konnte er kaum klar sprechen. Aber jetzt geht es immer besser. In seiner Klasse haben ja fast alle eine Spange. Und was das kostet. Ich darf gar nicht daran denken. Sei froh hast du keine Kinder. Bei Lya sind wir ja nicht sicher, ob sie eine Spange braucht. Ich hoffe nicht. Ich hatte auch eine als Kind. Mein Mann auch. Und mein Bruder Johannes auch. Ich frage mich ja oft, wie unsere Eltern das bezahlt haben. Ach da fällt mir ein, meine Mutter war heute auch bei dir gäll? Sie hat am Telefon erwähnt, dass sie eine Veränderung braucht. In ihrem Alter! Aber ich denke nicht, dass sie den Mut dazu hat. Ich habe ihr schon lange vorgeschlagen, die Haare mal etwas kürzer zu schneiden. Ich meine diese Haarknoten am Hinterkopf sind doch schon lange passé."
Sabine schmunzelte in sich hinein und dachte an den grauen Haarbüschel im Abfallsack. Zu gerne würde sie das Gesicht von Caro sehen, wenn sie ihrer Mutter das nächste Mal begegnet.

"Ich bin ja so dankbar, dass sich Johannes um Mama kümmert. Ich meine, dass sie bei ihm wohnen darf ist doch ein Glücksfall. So ist für beide gesorgt. Ich frage mich ja immer, warum der arme Kerl keine Frau findet. Attraktiv wäre er ja. Und Geld hat er auch genug. Aber so oft wie er unterwegs ist, hat er ja gar keine Zeit für eine Beziehung. Wie gut dass ihm Mama das Haus in Schuss hält. Ach, hat sie dir erzählt, dass sie eine neue Küche und ein neues Bad bekommen haben? Ich beneide sie wirklich darum. Was würde ich darum geben, wenn sich Kurt endlich dazu durchringen könnte, unser Haus zu renovieren."

Sabine liess den Wortschwall von Caro stumm über sich ergehen und Schnitt konzentriert die Spitzen des Schulterlangen Haares. Da und dort machten sich ein paar graue Strähnen breit. Ob sie Caro darauf ansprechen sollte? Lieber nicht, sonst kam sie am Ende noch auf die Idee, sich spontan die Haare färben zu lassen. Manchmal würde sie der Frau gerne ein Redeverbot auferlegen. In Gedanken hängte sie ein Schild an die Wand neben dem Friseurspiegel: <Reden ist Silber. Schweigen ist Gold.> Caro erzählte derweil munter weiter. Sabine war froh, dass Johannes dieses Plappergen nicht geerbt hatte. Aber attraktiv war er, da musste sie Caro rechtgeben. Beim Gedanken an seinen Körper lief es ihr heiss den Rücken hinunter. Gut dass Caro so mit ihren Alltagsgedanken beschäftigt war und nicht mitbekam, dass Sabines Wangen für einen kurzen Moment erglühten.

"So, das wärs." Sabine holte den Spiegel und zeigte Caro die Frisur von allen Seiten. "Perfekt! Jetzt kann ich wieder unter die Leute. Danke du Liebe. Ich bewundere ja immer Frauen mit kurzen Haarfrisuren. Meg Ryan zum Beispiel. Oder Jennifer Lopez und Blake Livley. Was hatte ich für einen Schock, als ich ihr Selfie auf Instagram entdeckt habe. Der mittellange Pixie Cut! Du meine Güte, so viel Mut hätte ich nicht." Caro blickte auf die Uhr über ihrem Sessel und schreckte hoch. "Ach herje, es ist ja bereits nach sechs Uhr. Ich muss Timo vom Hockeytraining abholen. Gäll ich twinte dir das Geld wieder?" Sie riss den Umhang von den Schultern, eilte zum Kleiderhaken, schnapte sich den Mantel und ihren Rucksack und öffnete schwungvoll die Tür. "Tschüssi und danke meine Liebe."

Fort war sie.

Sabine bliess die Luft aus, die sie unmerklich angehalten hatte. Endlich Wochenende! Hotel Hof Weissbad und aussichtsreiche Stunden mit ihrem Liebsten. 


 ~ Fortsetzung?  ~

Dann schreibt mir doch in die Kommentare ;-)

Liebe Grüsse Paula
 

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3 Liebe Worte

  1. Fortsetzung? Was für eine Frage! Unbedingt muss ich wissen, was für Geheimnisse Marianne hat und was die Leute im Dorf so umtreibt ;-)
    Danke, liebe Paula für den morgendlichen Aufsteller! Schmunzelnde Grüsse, Monika

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  2. na klar ;)
    sehr amüsant..

    liebe Grüße
    Rosi

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  3. Ist der Liebste derjenige,den ich meine? Johannes? bin gespannt wie es weitergeht...

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Herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.