3:3 WORT-SALAT NO 3 {SANDWICHGEFÜHLE}

by - Februar 26, 2022



Uff, jetzt habe ich es doch noch geschafft, ein paar Zeilen für meinen Wort-Salat zu schreiben. Der Februar ist aber auch wirklich immer so furchtbar kurz. Und ich frage mich einmal mehr, wo die Zeit geblieben ist. Gottlob war Frau Chrüselichopf mit ihren Sandwichgefühlen nicht viel früher dran als ich. Eigentlich sollte es ja eine Fortsetzung auf die RENOVATION und das UMSTYLING geben. Gab es auch, aber nur in meinem Kopf. Der Februar hielt einige Abenteuer und Kehrtwendungen bereit. 



Sandwichgefühle

Der bitter-säuerliche Geschmack in meinem Mund erinnert an die letzten Tropfen Kaffee. Die Tasse steht leer neben der Tastatur. Daneben das Frühstück, wartend auf die Kinder. Sie schlafen noch. Auf einem kleinen Teller liegen vertrocknete Ranunkel Blüten. Sie erinnern an den Geburtstag Anfangs Monat. An das Geschenk meines Mannes. An den unbeschwerten Tag im Schnee, an die Abendwanderung mit Stirnlampe zum Gasthaus hinauf, zwischen Tannen und kahlen Laubbäumen. An das feine Essen. An den Weg durch den verschneiten Wald, im fahlen Licht unserer Lampen. An die Schlittenfahrt im Halbdunkeln. Was für ein friedvoller und schöner Tag ich geniessen durfte.

Jetzt, Ende Monat, wirbelt es in meinem Kopf. Ein Durcheinander aus Gedanken und Gefühlen. Auf dem Esstisch liegt ein Stapel Bücher. Inspirations-Material für einen Schreibauftrag über essbare Wildkräuter. Und in meinem Kopf kreist ein Rückblick an Ideen für die Wort-Salat-Fortsetzung. Die Ideen haben es nie aufs Papier geschafft. 

An einem Stuhl hängt mein Fasnachtskostüm und ich weiss nicht, ob es noch einmal zum Einsatz kommen soll. Ich habe es letzte Woche in einer Spontanaktion genäht. Die Freude über die Aufhebung der Pandemie-Massnahmen liess die Nähmaschine heiss laufen. Seit Mitte Februar war wieder vieles möglich. Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk des Bundesrates. Aber so richtig frei fühlte es sich noch nicht an. Die Gefühle waren vielseitig. Die Gesichter der Mitmenschen meistens maskenlos. Die Ausgrenzung noch nicht verdaut, in Gedanken immer noch ein täglicher Begleiter. Aber die Vorfreude auf die Fasnacht tauchte alles in ein farbenfrohes Licht. 

Am Schmutzigen Donnerstag, kurz vor dem Mittagessen, war mein Kostüm fertig. Ein Rock, eine Tasche und ein Hut, genäht aus ausrangierten Jeanshosen. Verziert mit Rosen, Blättern und Streifen aus Jeansstoff. Als Waldfee wollte ich dem bunten Treiben beiwohnen. Nun wurde es aber höchste Zeit das Essen vorzubereiten, damit wir rechtzeitig den Zug nach Stans erwischen würden. Ich konnte es immer noch nicht recht glauben, dass wir in ein paar Stunden im Konfettiregen den Klängen der Guggenmusiken lauschen würden. Aber vorher musste ich das Näh-Chaos beseitigen. Musik sollte meine Putzaktion und die Zubereitung des Mittagessens begleiten. Ich stellte das Radio an ... und traute meinen Ohren nicht. {... Krieg in Osteuropa... Putins Truppen sind in der Nacht in die Ukranie eingefallen} ... Krieg? Fasnacht? Bomben? Gugenmusik? Wie in Trance schleppte ich den Staubsauger durch die Wohnung und schnipselte Gemüse fürs Mittagessen. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Die Zeit lief im Eiltempo voraus.  Konnte es wirklich sein, dass an diesem denkwürdigen Tag, an dem wir das Ende der Massnahmen feiern wollten, in Europa der Krieg ausgebrochen war? Alles schien surreal. 

Ich war kaum fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Zu Hause zu sitzen und Trübsal zu blasen, schien mir keine Option. Ich musste raus. Das Tochterkind freute sich seit Tagen auf den Ausflug. Die Fasnacht stand vor der Tür. Der Krieg dröhnte daneben aus dem Lautsprecher. Ich malte mir ein paar Blätter aufs Gesicht. Die Freude stand auf Halbmast. Wir zogen unsere Kostüme an und erreichten gerade rechtzeitig den Bus zum Bahnhof. "Mami, du siehst aus wie eine Hexe." Na dann verhexen wir den Krieg, zog es durch meine Gedanken. 

In der zwanzig Kilometer entfernten Gemeinde war von den schlechten Nachrichten aus dem Radio nichts zu spüren. Hunderte von Menschen säumten die Umzugsstrasse, in freudiger Erwartung auf das bunte Treiben. Ob sich in ihren Seelen auch Sandwichgefühle auftürmten? Ich wusste es nicht. Wir bahnten uns einen Weg durch die Menge, auf der Suche zu einem ruhigeren Platz in einer abgelegenen Gasse. Wir mochten nicht Schulter an Schulter stehen. Etwas abseits, am Ende der Umzugsroute, bot sich genug Platz, dem Treiben ohne Gedränge beizuwohnen. Und so liessen wir Trommeln, Klänge, Kostüme und Rasseln vorbeiziehen. Konfettiregen säte Samen der Freude in unseren Seelen. Das Geschehen im Osten und die Zukunft säten Beklommenheit und Ungewissheit.

Wie viele Kriege und Machthaber muss die Menschheit noch erleben, bis auch die letzten begriffen haben, dass Habgier, Neid, Wut und Missgunst zu nichts führen? Ich will diese Gefühle nicht nähren. Versuche die Angst aussen vor zu lassen, so wie ich es die letzten zwei Jahre versucht habe. Ich schicke den Leidtragenden gute Gedanken. Wünsche ihnen ein sicheres Dach über dem Kopf, wärmende Decken, zu Essen und ein Wunder. Möge die Natur, die Liebe und die Vernunft über alles siegen, damit wir in Zukunft Frieden ernten dürfen. 

Die Gedanken kreisen weiter. Die Geschichte um Marianne, Johannes, Caro und Sabine könnte wie folgt weiter gehen ...

{ Mariannes Notizzettel liess Johannes grübeln. Du musst nicht auf mich warten. Ich bin mit dem Zug in die Stadt gefahren um Besorgungen zu machen. In die Stadt? Was wollte seine Mutter in der Stadt? Sie fuhr doch sonst nie dorthin, fragte sich Johannes verwundert. 
Marianne wollte ihrem Leben noch einmal eine Prise Abenteuer einhauchen. Was für ein Glück, dass sie im Netz Greta und deren anregende Denkanstösse entdeckt hatte. Der Lebensabschnitt zwischen 60-90 ist gleich lang, wie zwischen 30-60. Warum war sie selbst nie darauf gekommen? Nun streifte sie aufgeregt durch die Läden in Luzerns Innenstadt, auf der Suche nach einer schwarzen Lederjacke. Sie wollte unbedingt die gleiche haben wie Greta. Denn passenden Haarschnitt hatte ihr Caro bereits verpasst. ...}

Eine Gedankenflucht auf Gedankenreise. 

* * * * * * *

Liebe und friedvolle Grüsse
Paula

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2 Liebe Worte

  1. Ich überlege grade, wie ich die Zeitspanne zwischen 30 und 60 erfassen soll. Eine sooooo lange Zeit. Ich freue mich auf den Rest des Lebens.

    Liebe Grüsse von Regula

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  2. Liebe Paula, du sprichst mir aus dem Herzen!
    Es ist so unfassbar traurig und schockierend! Aber ich bin auch wütend. Warum nur hat man den Russen so lange gewähren lassen? Die Tragödie hat sich doch längst abgezeichnet und nun tun alle überrascht. Aber wir waren ja mit Corona beschäftigt...
    Da bleibt auch mir Ungläubiger nur das Gebet: Gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

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Herzlichen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, ein paar liebe Worte da zu lassen.