Wer hier schon länger mit liest, weiß dass ich gerne über das Leben nachsinne. Warum wir auf dieser Erde sind, wie wir unser Leben am Besten meistern, was unsere Seele erfreut und so weiter. Dabei stolpere ich auch immer wieder mal über neue Bücher oder schöne Zitate. Vieles davon finde ich auf der Facebookseite von Happinez, sowie im Heft von Happinez, welches ich als e-paper abonniert habe. Dort war Anfang Jahr eine schöne Geschichte über den "angeketteten Elefanten" zu lesen. Da mir die Geschichte so gefiel, habe ich mir das Buch dazu gekauft und bin ganz begeistert davon. Es liest sich sehr leicht und flüssig und ist vollgepackt mit schönen Geschichten die zu unserem Leben passen. Buchbeschreibung: Wie begegnet man den Wirrnissen des Lebens? Mit Geschichten, sagt Jorge Bucay, der die Gabe hat, das Komplizierte einfach werden zu lassen. Und er hilft seinem Zuhörer Demian, seine Ängste und Probleme besser zu verstehen, indem er ihm Märchen aus aller Welt, Sufi-Gleichnisse, Zen-Weisheiten, antike Sagen, selbst Erfundenes erzählt. Jorge Bucay ist Psychiater und Demian sein Patient. Hier eine Geschichte aus dem Buch...
{ Der angekettete Elefant
Als ich ein kleiner Junge war, war ich vollkommen vom Zirkus fasziniert und am meisten gefielen mir die Tiere. Vor allem der Elefant hatte es mir angetan. Wie ich später erfuhr, ist er das Lieblingstier vieler Kinder.
Während der Zirkusvorstellung stellte das riesige Tier sein ungeheures Gewicht, seine eindrucksvolle Größe und seine Kraft zur Schau. Nach der Vorstellung aber und auch in der Zeit bis kurz vor seinem Auftritt blieb der Elefant immer am Fuß an einen kleinen Pflock angekettet.
Der Pflock war allerdings nichts weiter als ein winziges Stück Holz, das kaum ein paar Zentimeter tief in der Erde steckte. Und obwohl die Kette mächtig und schwer war, stand für mich ganz außer Zweifel, dass ein Tier, das die Kraft hatte, einen Baum mitsamt der Wurzel auszureißen, sich mit Leichtigkeit von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte.
Dieses Rätsel beschäftigt mich bis heute. Was hält ihn zurück? Warum macht er sich nicht auf und davon?
Als Sechs- oder Siebenjähriger vertraute ich noch auf die Weisheit der Erwachsenen. Also fragte ich einen Lehrer, einen Vater oder Onkel nach dem Rätsel des Elefanten. Einer von ihnen erklärte mir, der Elefant mache sich nicht aus dem Staub, weil er dressiert sei. Meine nächste Frage lag auf der Hand: "Und wenn er dressiert ist, warum muss er dann noch angekettet werden?"
Ich erinnere mich nicht, je eine schlüssige Antwort darauf bekommen zu haben. Mit der Zeit vergaß ich das Rätsel um den angeketteten Elefanten und erinnerte mich nur dann wieder daran, wenn ich auf andere Menschen traf, die sich dieselbe Frage irgendwann auch schon einmal gestellt hatten. Vor einigen Jahren fand ich heraus, dass zu meinem Glück doch schon jemand weise genug gewesen war, die Antwort auf die Frage zu finden:
Der Zirkuselefant flieht nicht, weil er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet ist. Ich schloss die Augen und stellte mir den wehrlosen neugeborenen Elefanten am Pflock vor. Ich war mit sicher, dass er in diesem Moment schubst, zieht und schwitzt und sich zu befreien versucht. Und trotz aller Anstrengung gelingt es ihm nicht, weil dieser Pflock zu fest in der Erde steckt. Ich stelle mir vor, dass er erschöpft einschläft und es am nächsten Tag gleich wieder probiert, und am nächsten Tag wieder, und am nächsten... Bis eines Tages, eines für seine Zukunft verhängnisvollen Tages, das Tier seine Ohnmacht akzeptiert und sich in sein Schicksal fügt.
Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, flieht nicht, weil der ärmste glaubt, dass er es nicht kann. Allzu tief hat sich die Erinnerung daran, wie ohnmächtig er sich kurz nach seiner Geburt gefühlt hat, in sein Gedächtnis eingebrannt. Und das Schlimme dabei ist, dass er diese Erinnerung nie wieder ernsthaft hinterfragt hat. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen.
Den meisten von uns geht es so wie dem Zirkuselefanten: Schmerzliche Erfahrungen haben uns gelehrt, dass wir irgend etwas nicht können. Glaubenssätze wie "Das kann ich nicht.", "Das hat bei mir noch nie funktioniert." halten uns davon ab, auszuprobieren ob wir etwas können oder nicht. Und wenn wir uns dann überwinden es doch zu probieren, dann versuchen wir es oft genug nur halbherzig. Quasi, um die Bestätigung zu erhalten, dass wir es eben doch nicht können, um die Bestätigung für unsere Selbstbeschränkung zu erhalten. Dabei ist doch unser voller Einsatz gefordert, bei allem was wir tun.}
Mit diesem Buch mache ich heute wieder ein Mal mit bei Niwibo-Das Buch des Monats.
Ich wünsche euch eine schöne Restwoche.
Liebe Grüsse Paula